Difference between revisions of "Ifigenia in Aulide (Antonio Caldara)"

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(Source: Libretto 1730<ref name="LibrettoGerman"/>)  
(Source: Libretto 1718<ref name="LibrettoGerman"/>)  


Unter anderen Söhnen <nowiki>/</nowiki> so Primaus, König in Troja, von Hecuba seiner Gemahlin gehabt <nowiki>/</nowiki> ware einer genant Alexander, den er <nowiki>/</nowiki> als er kaum geboren ware <nowiki>/</nowiki> Agelao seinem Vertrauten überantwortet <nowiki>/</nowiki> um damit er ihne in der Wilnuß des Bergs Ida, zur Speis deren wilden Thieren aussetze <nowiki>/</nowiki> aus Ursachen <nowiki>/</nowiki> weilen es der Königin getrauemet <nowiki>/</nowiki> daß dieses Kind einstens das ganze Königeich verwüsten werde ; das Kind wurde also von Agelao ausgesetzet <nowiki>/</nowiki> welche nach Verfließßung fünf Tägen zurukgekehret <nowiki>/</nowiki> um zu sehen <nowiki>/</nowiki> was weiters erfolget <nowiki>/</nowiki> und gefunden <nowiki>/</nowiki> daß ein Bärin das Kind genähret; welche seltsame Begebenheit ihne veranlasset <nowiki>/</nowiki> daß er solches in sein Haus genommen <nowiki>/</nowiki> und unter dem Nahmen Paridis erzogen. Niemand aber das Herkommen dessen offenbaret <nowiki>/</nowiki> als der Egle, seiner Tochter; die sich in diesen Knaben verliebet: nach vielen Jahren darauf hat Paris unter anderen Hirten <nowiki>/</nowiki> sich mit seiner Schönheit <nowiki>/</nowiki> und Tapferkeit so weit hervor gethan <nowiki>/</nowiki> daß er die Verherschung dieses Landes Überkommen: sich verliebet in die Nymphe Enon, Tochter des Flusses Cibrene, und wurde von ihr im Gegen-Theil geliebet <nowiki>/</nowiki> aber in geheim <nowiki>/</nowiki> und zwar aus Forcht deren Vorsagungen des Vatters <nowiki>/</nowiki> daß sie nemlichen die unglücklichste Person der Welt seyn würde <nowiki>/</nowiki> wann sie mit Paride sich solte verehligen. Nun hat es sich zugetragen <nowiki>/</nowiki> daß Niso, ein Bruder der Enon, den Hirten Alceo in einem Rauf-Handel umgebracht <nowiki>/</nowiki> von Paride hierüber zum Tod verdammet <nowiki>/</nowiki> den darauf folgenden Tag sein Urtheil hätte sollen vollzogen werden. Da gienge Enon, warfe sich ihme zu Füssen <nowiki>/</nowiki> und hatte den Endes-Spruch zu widerruffen; hat die Gnad aber nicht erhalten können <nowiki>/</nowiki> als mit Bedingnuß <nowiki>/</nowiki> daß sie seine Braut seye. Was folget <nowiki>/</nowiki> ist aus Fortsetzung des Schau-Spiels zu ersehen <nowiki>/</nowiki> welchen zu einer mehreren Verwickelung dienet, die Freundschaft des Niso und Eurialo, berühmet in Versen Virgilii, die Reise des Königs Priami nach Ida, um denen Trauer-Begängnussen des todt geglaubten Alexandri beyzuwohnen <nowiki>/</nowiki> und die Erkanntnuß desselben. Ein grosser Theil dieser Zufällen <nowiki>/</nowiki> ist aus dem dritten Buch Apolidori: dessen Erzehlung mir anständiger war <nowiki>/</nowiki> als des Higini, und anderen <nowiki>/</nowiki> so verschieden darvon reden.  
Die Griechische Armee <nowiki>/</nowiki> welche zur Eroberung Troja unter der Anführung des Agamemnon Micenischen Königs augerüstet ware <nowiki>/</nowiki> wurde durch widrigen Winde etliche Monat lang in dem See-Hafen zu Aulides zuruck<nowiki>*</nowiki>gehalten. Man nahme dessentwegen die Zuflucht zu dem Götzen-Bild der Diana <nowiki>/</nowiki> und der Weissager Calchas gabe zur Antwort <nowiki>/</nowiki> daß man niemalen nach Troja schiffen kunte <nowiki>/</nowiki> wofern man nicht zuvor den Zorn der Diana durch den Tod und Schlacht-Opfer der Ifigenia des Königs Agamemnon Tochter besänftigen wurde. Dieses Opfer ist eines deren berühmtesten Gedichten unter denen Poeten <nowiki>/</nowiki> welche aber solches auf unterschidliche Wiese erzehlen. Etliche wollen behaupten <nowiki>/</nowiki> daß die Ifigenia warhaftig seye aufgeopferet worden. Also bejahen es Escilus <nowiki>/</nowiki> Euripides <nowiki>/</nowiki> Sophocles <nowiki>/</nowiki> und noch mehrer. Andere aber synd der Meinung gewesen <nowiki>/</nowiki> daß solche die Diana aus Mitleiden bewogen zur Zeit des Opfers aus denen Händen des Calchas entrissen <nowiki>/</nowiki> nach Tauris übertragen <nowiki>/</nowiki> und zugleich gemacht hätte <nowiki>/</nowiki> daß auftat ihrer ein Hirschlein <nowiki>/</nowiki> oder anderes Thier geschlachtet wurde. Dieser Meinung scheinet auch der Euripides beyzustimmen <nowiki>/</nowiki> und der Ovidius bekräftiget solche in seiner Metamorphosis. Endlichen haben andere geschriben <nowiki>/</nowiki> daß die Ifigenia wahrhaftig seye geschlachtet worden <nowiki>/</nowiki> die aber nicht eine Tochter des Agamemnon <nowiki>/</nowiki> sondern der Helena gewesen <nowiki>/</nowiki> welche sie mit dem Teseus noch vor der Vermählung mit dem Menelaus König von Sparta erzeiget hatte <nowiki>/</nowiki> diesem hat sie niemals ein so wichtiges Geheimnus <nowiki>/</nowiki> und ihre erste Ehe mit dem Teseus geoffenbahret <nowiki>/</nowiki> folglich ist ihme und allen anderen die Geburt dieser ihrer Ifigenia verborgen gebliben <nowiki>/</nowiki> welche sie unter einem anderen Namen auferziehen lassen; ich sie aber Elisena benamen will. Dieser dritten Meinung <nowiki>/</nowiki> welche von dem Calcidensischen Euforione <nowiki>/</nowiki> von dem Allexander Pleuronius <nowiki>/</nowiki> und dem Stesicorus Imereus in dem anderen Buch bey dem Pausanias unterstützet wird <nowiki>/</nowiki> hab ich in Verfassung gegenwärtiger Vorstellung beypflichten wollen: als dieweilen die ertere zu einen allzutraurigen Ende verleitet <nowiki>/</nowiki> die andere aber die aufläsung der Gedichts-Verfassung alzu unglaublich machte. Auf die erstere Art ist der Inhalt von dem unvergleichlichen Euripides <nowiki>/</nowiki> und auf der dritten von dem berühmten Racines geführet worden. Ich gestehe es <nowiki>/</nowiki> daß ich von der einen und anderen sehr viel entlehnet habe <nowiki>/</nowiki> damit ich <nowiki>/</nowiki> so viel es mir immer möglich ware <nowiki>/</nowiki> meine gegenwärtige Verfassung desto vollkommener verfertigen kunte <nowiki>/</nowiki> in welcher sich die Liebe des Achilles mit der Ifigenia <nowiki>/</nowiki> dessen Reise nach Lesbos <nowiki>/</nowiki> von wannen er die Elisena gefangen hinweg geführet <nowiki>/</nowiki> und andere umstände gegenwärtiger Fabel nicht ohne Historischen Grunde befinden.  


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